Klaus Haun tut nicht so, als photographierte er – er tut es wirklich. Er ersetzt nicht Sprache durch Bilder (so wie die „tagesthemen„ das visuelle Medium Fernsehen textlastig denaturieren, am meisten noch mit dem Teleprompter, von dem abgelesen wird), sondern er ist ganz beim Bild. Haun photographiert nicht Geschichte, Gesellschaft, soziale Zustände. Er macht keinen Bildjournalismus und keinen Photoroman. Er ist radikal „im Bild„. Seine Photographie taucht ein in das Objekt und nähert sich ihm über den Punkt hinaus, an dem wir das Objekt noch genau zuordnen können. Es geht eben gerade um diesen Punkt, an dem wir in den Gegenstand eintauchen, ohne ihn sprachlich zu benennen, ohne ihn zu kategorisieren. Hauns Bilder erinnern damit an den „Nouveau Roman„ der 60-er Jahre, in dem französische Romanciers wie Robbe-Grillet oder Michel Butor den Dingen ihr Dasein außerhalb einer anthropologischen Indienstnahme zurückgeben wollten. In Hauns Bildern sind wir in den Dingen selbst. Und doch bleiben sie auf Distanz. Wir können so nah herangehen, wie wir wollen. Die Dinge bleiben bei sich selbst, fern-nah und kühl. Der eine oder andere mag auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit der naturwissenschaftlichen Photographie erkennen oder gar einer Verwechslung mit ihr aufsitzen. Aber die Ausschnitte und Perspektiven sind anders. Der Blick ist ein anderer. Ein künstlerischer Blick. Wenn wir uns nun doch wieder von den Dingen selbst entfernen wollen und unsere eigene, menschliche Bewertung suchen, dann können wir sagen: Es sind Bilder einer durch Nähe schwindlig machenden Schönheit. Aber wenn Haun das hätte sagen wollen, dann hätte er es gesagt. Er hat es nicht. Dafür schenkt er denen, die betrachten statt nur hinzusehen, diese unvergleichlichen Bilder.

Dr. Roland Kaehlbrandt

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